Der Frauenanteil entspricht dem Klischee
Zahlen belegen: Frauen sind in technischen Studiengängen und Berufen nach wie vor stark unterrepräsentiert, Programmiererinnen und Gründerinnen im IT-Bereich eine Seltenheit. Trotz guter Absichten und vieler Maßnahmen bleibt der große Durchbruch bisher aus. Selbst an der modernen Berliner CODE University, an der Vorkenntnisse im Programmieren für eine Aufnahme nicht zwingend erforderlich sind, sondern eher Leidenschaft und Kreativität, entspricht der Frauenanteil dem Klischee: Nicht einmal 20 Frauen studieren derzeit hier, ihr Anteil liegt bei nur 22 Prozent.
Am Anfang war Ada
Dabei haben wir viele wichtige Meilensteine in der IT und Informatik Frauen zu verdanken. Ada Lovelace zum Beispiel. 1843 hat sie den ersten Algorithmus veröffentlicht. Heute würde man ihn als rudimentäres Computerprogramm bezeichnen. Und Lovelace als die erste Programmiererin und Computerpionierin der Welt. Ihre Aufzeichnungen inspirieren uns bis heute, in vielen Informatikinstituten hängt ihr Portrait an der Wand. Nur: es sind in der Mehrzahl Männer, die es dort betrachten. Aber wieso?
In vielen Köpfen scheint es noch nicht angekommen: Technologie ist inzwischen eine Konstante in unserem Alltag.
Ich vermute, wir hängen in alten Denkmustern und Vorurteilen fest. In vielen Köpfen scheint es noch nicht angekommen: Technologie ist inzwischen eine Konstante in unserem Alltag. Ob es der Handywecker am Morgen ist oder die permanente Erreichbarkeit und Kommunikation über diverse digitale Kanäle – auch wenn wir es häufig nicht wahr haben wollen, sind technische Hilfsmittel aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Durch künstliche Intelligenz, Smart Home und Robotics wird die immerwährende Präsenz von Technik noch spürbarer werden, weshalb unser zukünftiges Leben ein Grundverständnis für Technologie voraussetzt – bei jedermann und „jederfrau“. Wir benötigen dieses Verständnis, um uns selbstbestimmt in einer zunehmend technologisierten Welt zu bewegen. Und wir brauchen es, um neue Ideen entstehen zu lassen. Dessen müssen wir uns unbedingt bewusst werden.
Technologie kann das Leben von Menschen verändern
Dieses Bewusstsein aber wird momentan weder von Eltern und Lehrkräften noch von der Politik ausreichend gefördert. So setzen die herkömmlichen MINT-Initiativen – MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik – für Mädchen viel zu spät an. Mit 14 Jahren haben die meisten Mädchen gelernt, dass Jungs die Technikaffinen und sie doch eher die Kommunikativen sind – wenn nicht von ihren Eltern, dann zumindest von der Gesellschaft. Computer oder Tablet nutzen sie dann oft nur, um YouTube-Videos zu gucken und ihr technisches Interesse beschränkt sich darauf, den Filter von Instagram oder Snapchat einzustellen. Bei aller Kreativität, die auch hier zum Ausdruck kommt: Das reicht nicht aus, um kompetent mit Medien umzugehen. Denn wie sollen Mädchen und Frauen zu Gestalterinnen der Zukunft werden, wenn viele von ihnen sie gar nicht verstehen?
Es ist unsere Aufgabe und unsere Pflicht, Mädchen möglichst früh zu ermutigen, selbst aktiv und kreativ zu werden.
Wir müssen viel früher ansetzen und bereits in der Grundschule beginnen, Mädchen an Technik heranzuführen. Wir müssen ihnen vermitteln, dass Tech-Berufe kein einsames Nerd-Dasein bedeuten, sondern dass Technologie dazu beitragen kann, das Leben von Menschen zu verändern und zu verbessern. Wir müssen sie dazu inspirieren, sich Ziele zu stecken und diese zu verwirklichen.
Nicht auf die Rolle der Konsumentin beschränken
Nehmen Mädchen im Grundschulalter an unseren Kursen und Workshops in der HABA Digitalwerkstatt teil, funkelt die Begeisterung in ihren Augen. Sie wollen die digitale Welt selbst gestalten. Und sie können es! Wir erleben täglich, wie sie sich selbstbewusst und selbstsicher mit Technik befassen und Großartiges erschaffen: Vom Stop-Motion-Film bis zum selbst programmierten Spiel mit Scratch. Treffen wir sie dagegen mit 14 Jahren beim Girls Day zum ersten Mal, ist dieses Funkeln bereits erloschen oder einfach nie geweckt worden.
Wir dürfen nicht zulassen, dass sich Mädchen auf die Rolle der digitalen Konsumentinnen beschränken. Es ist unsere Aufgabe und unsere Pflicht, Mädchen möglichst früh zu ermutigen, selbst aktiv und kreativ zu werden – und zwar indem wir sie altersgerecht ansprechen und ihnen die Vielfalt digitaler Möglichkeiten zeigen. Nur so können sie echte Gestalterinnen unserer Zukunft werden.
Antonia Borek
Seit September 2016 ist Antonia unsere Geschäftsleiterin. Ihre berufliche Leidenschaft gilt der digitalen Bildung von Kindern. Hier möchte sie einen Paradigmenwechsel in Deutschland anstoßen und digitale Lehrinhalte schnell und unbürokratisch in unsere Schulen bringen. Mit dem Verein Digitale Bildung für Alle e.V. engagiert sie sich zudem dafür, dass jedes Kind unabhängig von Elternhaus und Bildungshintergrund Zugang zu digitaler Bildung erhält.